Neue Leitlinie zur Asbesterkundung
Das Aufspüren und Beseitigen des krebserregenden Baustoffs Asbest in Gebäuden ist wegen der in älteren Häusern anstehenden Renovierungen auch seit dem Asbestverbot von 1993 ein Problem für alle Beteiligten. Die nun vorliegende Leitlinie zur Asbesterkundung, im Rahmen des Nationalen Asbestdialoges entstanden, gibt Auftraggebern und Heimwerkern hilfreiche Empfehlungen für die Vorbereitung von Arbeiten in und an Gebäuden, mit deren Errichtung vor dem 31. Oktober 1993 begonnen wurde. Wer als Eigentümer oder Mieter die Leitlinie beachtet, kommt automatisch den bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen nach und schützt sich und andere vor möglichen Gesundheitsschäden durch Asbest.
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW ist mit der Erstellung der Leitlinie jedoch nur der erste Schritt zu einer sinnvollen Asbesterkundung und -beseitigung getan: "Viele wissen nicht, ob in ihren Gebäuden asbesthaltige Materialien verarbeitet wurden. Bis heute existiert noch keine Pflicht für die Hersteller, die vollständige Zusammensetzung von Bauprodukten anzugeben. Um Renovierungswilligen auf die Spur zu helfen, muss die Leitlinie von den beteiligten Ministerien aktiv an Eigentümer und Mieter herangetragen und eine Info-Hotline angeboten werden. Auch Planungsbüros und Fachbetriebe sollten Ratsuchende entsprechend der Leitlinie beraten. Ist eine Asbestsanierung notwendig, sollten die Hersteller asbesthaltiger Baumaterialien zudem an den Sanierungskosten beteiligt werden – etwa in Form eines Asbestfonds", fordert Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale NRW. Denn die Gefährlichkeit von Asbestfasern sei schon lange vor dem 1993 erlassenen Verwendungsverbot bekannt gewesen. Oft genüge es nicht, die Erkundung auf Asbest zu beschränken, weitere Alt-Schadstoffe in Gebäuden wie PAK, PCB oder PCP müssten aus Gesundheitsschutzgründen ebenfalls berücksichtigt und beseitigt werden.
Die Chemikerin bei der Verbraucherzentrale NRW befürchtet außerdem, dass die neue Leitlinie unseriöse Anbieter von Asbestanalysen sowie Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten auf den Plan rufen könnte. Daher sollten Sanierungswillige flankierend zur Leitlinie bei der Suche nach seriösen, fachlich qualifizierten Unternehmen beispielsweise in Form von Anbieter-Datenbanken unterstützt werden. Hilfreich für Betroffene seien außerdem von offizieller Stelle erstellte Textbausteine für Gutachter-, Handwerker- und Sanierer-Verträge oder Muster zur Dokumentation von Arbeiten am Gebäude, die zum Download zur Verfügung gestellt werden könnten.
Säure- und hitzebeständig, besonders zugfest und elastisch, mit sehr guten Dämmeigenschäften und dabei sehr langlebig ‒ bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde Asbest wegen dieser Eigenschaften verwendet. Asbestfasern schlummern daher bis heute in Ummantelungen von Stahlträgern und Heizungsrohren, in Hitzeschutzvorkehrungen hinter Öfen und Heizkörpern, in Fensterbänken und Fassadenplatten sowie in Fliesenklebern, Kitt-, Putz- und Spachtelmassen. Ende 1993 wurde die Herstellung und Verwendung von Asbest und asbesthaltige Materialien verboten. Doch bereits lange vorher war bekannt: Eingeatmete Asbestfasern können Asbestose, eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege und Lunge, sowie auch Lungenkrebs auslösen.
Asbest wird erst dann gefährlich, wenn Fasern freigesetzt und eingeatmet werden. Wer Arbeiten an einem älteren Gebäude plant, sollte daher nachforschen, wann die Materialien eingebaut wurden, die bearbeitet oder entfernt werden sollen. War der Baubeginn nach dem Stichtag 31. Oktober 1993, sind gemäß der Leitlinie keine Untersuchungen auf Asbest erforderlich. Neu ist die sogenannte Beweislastumkehr: Bestimmte Baumaterialien in älteren Gebäuden wie beispielsweise Putze oder Spachtelmassen stehen aus Gesundheitsschutzgründen nun unter generellem Asbestverdacht – es sei denn, es ist nachgewiesen, dass sie frei von Asbest sind.
Veröffentlicht wurde die neue Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und dem Umweltbundesamt (UBA).